„Wie wäre es mit der Uckermark?“, fragte mich mein Mann beim Abendbrot. „In die Uckermark – bist du jetzt verrückt geworden?“, fragte ich zurück. Wir hatten – bis auf zwei, drei Städtetrips oder ein Wochenende an der Ostsee – noch nie Urlaub in Deutschland gemacht. Aber jetzt war es soweit. Unser Flug nach Namibia war Corona-bedingt gecancelt und eine Alternative sollte her. Fast alles war bereits ausgebucht oder unfassbar teuer. Nur im tiefsten Brandenburg war noch ein Häuschen zu haben.
Puh! Das war wirklich nicht meine Traumvorstellung von einem tollen Familienurlaub. Ehrlich gesagt, wäre ich niemals in die Uckermark gefahren, wenn ich nicht „gemusst“ hätte. Und das wäre, im Nachhinein betrachtet, verdammt schade gewesen. Denn dann hätte ich nie erfahren, wie wunderschön dieser Landstrich ist. Und vermutlich auch nie „Unterleuten“ von Juli Zeh gelesen.
Auf der Suche nach Reiseliteratur war ich auf diesen großartigen Gesellschaftsroman gestoßen. Eine echte Entdeckung! Ich kannte bereits andere Bücher von Juli Zeh, aber Unterleuten war für mich der Durchbruch, um ein echter Fan zu werden.
Die Geschichte spielt in dem fiktiven Ort Unterleuten mitten in Brandenburg, auf dem platten Land. Auf den ersten Blick ein Naturparadies mit seltenen Vögeln, Wäldern und Feldern. Durch die kleinen Dörfer entlang der schmalen Landstraßen kommen nur selten Menschen. Ein scheinbar friedlicher Ort. Doch in Unterleuten treffen schrullige Originale, wütende Wende-Verlierer, liebenswerte Dörfler und alteingesessene Gauner auf überhebliche Großstädter, selbsternannte Gutmenschen, krasse Kapitalisten und auf ein riesen Problem, das plötzlich alle betrifft.
Alte Machtkämpfe brechen auf, neue Streitigkeiten entwickeln sich und lang gehegte Geheimnisse kommen ans Licht. Alle bringen ihre eigene Sicht auf die Dinge und ihre ganz individuelle Wahrheit mit und halten sie für das Maß aller Dinge. Jeder möchte nur das Beste – für sich und natürlich das Dorf. Keiner ist wirklich böse, aber dennoch geschehen schreckliche Dinge.
Für mich die beste Lektüre für Heimaturlaub, denn was in Unterleuten geschieht, könnte grundsätzlich in jedem kleinen Ort in Deutschland passieren. Absolut fesselnd, wahnsinnig gut geschrieben und erzählt, sehr unterhaltsam und gleichzeitig tiefgründig.