Gründen ohne Ängste

Fearless Founding – das war das Thema der Bold Conversations by Veuve Clicquot mit den Gründerinnen Verena Pausder (u.a. Sheep&Fox), Lea Sophie Cramer (Amorelie) sowie Kati Ernst (ooia). Es war eine dieser Veranstaltung, in denen man, wenn man sich mit den Gründerinnen und dem Thema Unternehmertum bereits intensiv auseinandergesetzt hat, wenig Neuigkeiten erfährt, aus denen man aber dennoch total viel ziehen kann: Pure Inspiration und Motivation, selbst zur Gründerin zu werden, große zu denken und Ängste hinter sich zu lassen.

Kati Ernst war gerade in ihrer dritten Elternzeit, als sie sich intensiv mit der Möglichkeit, ein eigenes Unternehmen zu gründen, auseinandersetzte. Bei Daniela und mir war es ähnlich. Wir waren in der Elternzeit unseres zweiten bzw. dritten Kindes, als wir uns ebenfalls mit diesem möglichen beruflichen Weg befassten. Uns war nach zahlreichen Gesprächen mit Freundinnen und Bekannten aufgefallen, wieviele Frauen ihre beruflichen Ambitionen hinten anstellten, wenn das erste Kind da war – mit krassen Konsequenzen wie Abhängigkeit vom Partner, drohender Altersarmut und beruflicher Sackgasse. Wir malten uns aus, was dies für die Frauen selbst aber auch für die Gesellschaft bedeutete: Wir verzichten auf das Potential von Hundertausenden Frauen im Erwerbsleben – nicht, weil sie das Bruttoinlandsprodukt mit ihrer Arbeitskraft nach oben schrauben könnten, sondern weil sie mit ihren Ideen und ihrer Erfahrung die Arbeits- und Wirtschaftswelt ein Stück weit fairer und diverser gestalten könnten. Stattdessen landen viele dieser Frauen – gewollt oder ungewollt – noch immer auf dem beruflichen Abstellgleis und sind in der Folge im Alter auf staatliche Hilfen angewiesen. Auch wenn sich die Situation unserer Wahrnehmung nach verbessert: Wir sind noch lange nicht da, wo wir sein wollen.

Als Finanzjournalistinnen wussten wir zumindest für die drohende Altersarmut einen Ausweg: Finanzbildung und private Vorsorge! Eine Kolumne in den Magazinen, für die wir arbeiteten, war unsere erste Idee. Oder nein, lieber eine Titegeschichte, eine regelmäßige Doppelseite – oder besser zwei! Nein, ein Beileger – nur mit Finanzthemen für Frauen. Wir landeten bei der Idee zu einem eigenen Magazin – und der Frage, wie wir es realisieren. Der Einfachheithalber pitchten wir bei unserem Arbeitgeber und ließen weitere Gespräche im Sande verlaufen, als dieser uns anbot, das Heft in-house zu machen. Das Courage Magazin, Deutschlands erstes Finanz-und Karriere-Magazin für Frauen war geboren und der Gründer-Spirit, wenn auch im Angestellten-Verhältnis, bei uns beiden geweckt.

„Ich hatte Bock, etwas zu bewegen, die Welt zu verändern und einen Footprint zu hinterlassen“, erklärte Kati Ernst ihre Ambitionen, gemeinsam mit ihrer Gründungspartnerin Kristine Zeller ein Unternehmen für Perioden-Unterwäsche ins Leben zu rufen. Auch Lea Sophie Cramer fasziniert diese Selbstwirksamkeit: „Du machst was und dann entsteht etwas! Du kreierst etwas aus dem nichts!“

Ein Gefühl, das auch wir immer mehr spürten. Als Courage auf dem Markt hatten merkten wir, wieviele Menschen wir erreichen und wieviel positiven Impact wir bei vielen von ihnen haben. Immer wieder erzählten uns unsere Leserinnen, dass sie dank uns angefangen haben, ihre Finanzen zu ordnen, zu investieren, eine Immobilie zu kaufen und sich innerhalb ihrer Beziehung mehr Gleichberechtigung eingefordert haben.

Courage war unser Herzensprojekt, in das soviel Arbeit, Zeit, Ideen und Energie geflossen ist wie sonst in kein anderes im Laufe unseres Berufslebens. Es war unsere Idee, aber nicht unser Eigentum – mit allen positiven wie negativen Folgen. Um die Idee unseren Werten entsprechend noch größer zu machen, war er nötig: Dieser berühmte Sprung ins kalte Wasser! Wir kündigten, als wir ohnehin recht nah Richtung Klippe geschupst wurden. Dass es einem im Wasser manchmal gar nicht so kalt vorkommt, wenn man vorher an Land schon gefroren hat, machte den Sprung leichter. Dass wir Hand in Hand gesprungen sind, machte ihn besonders. Dass wir nach dem Eintauchen schnell wieder auftauchten, haben wir den Früchten unserer bisherigen Arbeit zu verdanken.

Wir fühlen uns in diesem neuen Element sauwohl. Mal schwimmen wir, mal surfen wir und mal tauchen wir auf der Suche nach Neuem nochmal tief auf den Grund. Das zu tun – mit Selbstvertrauen und der Gewissheit, dass es immer schon irgendwie weitergeht und Mut belohnt wird – war auch für uns eine Entwicklung. Fearless Founding ist kein Status Quo, es ist ein Prozess – und Gründerinnen wie Verena Pausder, Lea Sophie Cramer und Kati Ernst sorgen dankenswerterweise dafür, dass über all das ehrlicher, differenzierter und transparenter gesprochen wird.  

Was macht man mit einer Idee

Über Ideen

„Was macht man mit einer Idee?“ So lautet der Titel eines Kinderbuchs von Kobi Yamada und Mae Besom, das auch für Erwachsene eine Inspirati­on ist. In dem Buch erscheint die Idee als zerbrech­liches, aber strahlend helles Ei. Eines Tages ist sie einfach da. Anfangs hält das Kind aus der Geschichte nicht viel von ihr und geht ihr aus dem Weg. Doch die Idee hat etwas Magisches. Sie wird größer, will bespielt und gefüttert werden. Das Kind ist glücklicher, wenn die Idee in der Nähe ist. Es nimmt sie an, und die bei­ den werden unzertrennliche Freunde. Doch andere kritisieren die Idee, tun sie ab, belächeln sie. Das Kind beginnt zu zweifeln, die Idee verliert an Kraft und Far­be. Letztlich besinnt sich das Kind, nimmt all seinen Mut zusammen, steht für die Idee ein und trägt sie in die Welt, die dadurch auch für andere bunter wird. 

Die Antwort auf die Eingangsfrage lautet also: Man verändert die Welt! Das kostet Mut und Hartnäckig­keit. Die Autorin J. K. Rowling bekam zig Absagen, be­vor ein Verlag das Potenzial ihrer Harry­ Potter ­Ge­schichten erkannte. Sara Blakelys Shapewear ­Idee wurde lange belächelt, machte sie jedoch zur jüngs­ten Selfmademilliardärin der Welt. Und Walt Disney musste sich vorwerfen lassen, „keine Vorstellungs­kraft“ und „keine guten Ideen“ zu haben. 

Es braucht viel Durchhaltevermögen, eine Idee in die Welt hinauszutragen, sie zu pflegen und zu teilen. Die wenigsten Ideen fliegen sofort. Einige müssen un­terwegs verworfen werden. Andere entwickeln sich in eine völlig unerwartete Richtung: Samsung handelte in seinen Anfängen mit Lebensmitteln, Nokia stellte Gummistiefel her. Das US­-Unternehmen Wrigley’s ver­kaufte einst Backpulver – bis die Marketingidee, je­ dem Tütchen zwei Streifen Kaugummi beizulegen, den Umbruch brachte. Die Coffeeshop-­Kette Starbucks war ursprünglich ein stinknormaler Kaffeehandel, der die banale Idee hatte, im Laden frisch gebrühten Kaffee zum Probieren auszuschenken. Was daraus wurde, wissen wir alle. 

Bleibt die Frage: Was machen Sie mit Ihren Ideen – den großen wie den kleinen? Im hektischen Alltag ge­hen viele davon vermutlich unter. Man hat keine Zeit oder nicht den Mut, sie zu entwickeln und mit ande­ren zu teilen. Doch wer seine Ideen nicht der Kritik oder dem Zuspruch anderer aussetzt, wird nie erfah­ren, was aus ihnen werden könnte. Scheitern ist er­laubt, genauso wie Neuanfänge. Eine Idee, die an ei­ner Stelle nicht wertgeschätzt wird, kann an einer anderen Begeisterungsstürme entfachen. Darum: Glaubt an die Magie in euren Ideen – und folgt ihnen!

(Unser Editorial aus Courage 02/2021) 

Verantwortung übernehmen

Manche streben nach mehr, andere halten sich soweit von ihr fern wie nur irgendwie möglich: Verantwortung – für das eigene Leben, der/den Partner*in, die Karriere, das Haus, die Eltern, die Kinder, die Gesellschaft. Das Tragen von Verantwortung wird – das weiß jede von uns – mit­ unter zur Last, bringt sie doch auch Erwartungen mit sich.

Trägt je­mand, der in eine privilegierte Fa­milie geboren wurde, auch Verant­wortung für das Wohl anderer? Muss man das eigene Glück teilen? Sollte man sich gesellschaftlich oder politisch engagieren, wenn man die Chance dazu hat? In Zei­ten von Corona, Klimawandel und Migration bekommt Verantwor­ tung noch eine ganz andere Dimension: Sind wir für die Gesundheit fremder Menschen verantwortlich? Oder für Geflüchtete aus anderen Ländern, deren Zukunft dort wir durch unser Konsumverhalten zerstört haben? 

Wir möchten diese Fragen mit Ja beantworten. Verantwortung zu übernehmen, gehört zum mensch­lichen Dasein. Wo sie beginnt, ist indes schwierig zu klären, weil es nicht an fes­ten Kriterien hängt. Im Gegenteil: Diese muss jede und jeder individuell für sich festlegen – eine Aufgabe, die fordert, manchmal überfordert und schlimmstenfalls im Nichtstun mündet Dabei ist es gut zu wissen, das Ver­antwortung zu tragen nicht schwer sein muss. Es geht im Kleinen wie im Großen. Für ein Amt kandi­dieren, Mundschutz tragen, gegen Rassismus demonstrieren, eine Firma gründen, Kinder erziehen, für die Nachbarin einkaufen, einen Flüchtling unterstützen, bewusst konsumieren… . Verantwortung muss keine Bürde sein, sondern ist oft ein Geschenk, für das wir dankbar sein sollten. 

(Unser Editorial aus Courage 04/2020)